Die beiden im DuMont-Reiseverlag publizierten Bücher, „Der Jemen“ (Erstauflage 1980) und „Kairo“ (Erstauflage 1982) sind in den Jahren meiner Tätigkeit als Redakteur bei der Deutschen Welle entstanden.

Der Jemen erschien als DuMont Kunst-Reiseführer und war mein erfolgreichstes Buch. Fairerweise muss ich sagen „unser Buch“, denn das Basismaterial ging zum Teil auf meine 1977 verstorbene Ehefrau Angelika zurück. Sie hatte sich von 1973 bis 77 als Privatforscherin in Sachen Jemen betätigt. In den drei Jahren nach ihrem Tod haben wir, Edith Unger und ich, das vorgefundene Jemen-Material ergänzt und aufgearbeitet, bis es 1980 in Buchform erscheinen konnte. Die Erstausgabe erzielte bis 1996 fünf Neuauflagen und wurde dann 1997 in völlig überarbeiteter, d.h. in aktualisierter und modernisierter Form abermals publiziert. Die Neuausgabe von 1997 wird weiterhin vom DuMont-Buchverlag als Jemen mit dem Untertitel Antike und Islam – Geschichte, Kultur und Kunst im Südwesten Arabiens angeboten.
Der Untertitel zeigt an, wo das Buch den Leser auch 2004 noch bedienen kann. Der Autor und seine beiden Helferinnen haben sich jahrzehntelang mit dem Kulturraum Südarabien, seiner zweitausendjährigen bekannten Geschichte, jedoch auch mit seiner krisenhaften Gegenwart beschäftigt. Die Lektüre des über 200 Seiten umfassenden allgemeinen Teils vermag dem Leser ein weitreichendes und tiefgehendes Hintergrundwissen zu vermitteln, das ihm hilft, die aktuelle Entwicklung besser zu verstehen. Als Reiseführer taugt die derzeitige Ausgabe weniger: ihre praktischen Hinweise sind zum großen Teil veraltet. Da der Reiseverkehr zum Jemen seit Jahren rückläufig ist, konnte eine Erneuerung der praktischen Reisehinweise bisher nicht durchgesetzt werden. Wer aber trotz der krisenhaften Lage in den Jemen reisen möchte, wende sich für aktuelle Informationen an die
Deutsch-Jemenitische Gesellschaft e.V.,
deren Vorstandsmitglied der Autor bis vor kurzem war.

Warum Jemen?

Bis zum Mai 2003 bin ich Mitglied des Vorstands der Deutsch-Jemenitischen Gesellschaft e.V. (DJG) gewesen, und zwar, meinem Beruf entsprechend, Vorstandsmitglied für die Öffentlichkeitsarbeit. Diese Arbeit habe ich über 21 Jahre gern mit mal mehr, mal weniger Erfolg geleistet. Ich trat von ihr 2003 zurück, weil mir als lange pensionierter Journalist, dazu noch in Köln und nicht in der Hauptstadt Berlin ansässig, die Verbindungen zu den Medien abhanden gekommen waren. Inzwischen hat die DJG in Dr. Wolfgang Meyer (?) einen praktizierenden Journalisten als Öffentlichkeitsarbeiter gefunden, der sich den neuen Gegebenheiten gewachsen zeigt. Ich stehe aber der Gesellschaft und ihren Freunden weiterhin zur Verfügung als Beirat für Zeitgeschichte, denn die politische, gesellschaftliche und kulturelle Entwicklung des Jemen habe ich seit 1956 mit großem Interesse fortlaufend verfolgt.
Oft bin ich gefragt worden, welches die Ursache meines starken und zählebigen Interesses am Jemen sei. Nun, zufällig fand ich in den frühen fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in Köln einen jungen Südaraber, Salim al-Habeschi, der mir den ersten Arabischunterricht erteilte. Die Freundschaft mit Salim hat mich nie wieder losgelassen (wenn Salim noch lebt, dann in der jemenitischen Hauptstadt Sana’a, wo ich ihn zuletzt 1997 traf). Salim hatte einen arabischen Vater aus dem Wadi Hadramaut, damals unter britischem Protektorat, heute Teil des vereinigten Jemens. Wie viele Hadramis, war der Vater als Händler in Indonesien gewesen und hatte dort eine Zweitfamilie gegründet, mit Salim als Erstgeborenen einer indonesischen Frau. Salims rein arabische Brüder lebten damals im ebenfalls britisch kontrollierten Aden, wo sie gegen die Kolonialmacht aufbegehrten. Salims Bruder Sheikhan wurde 1958 von Aden nach Kairo deportiert; dort hielt er mich über den anti-imperialistischen Kampf in Aden und dem südarabisch-jemenitischen Hinterland auf dem Laufenden.

Erstmalig gelangte ich als Journalist 1963 nach Aden, 1965 in den vom Bürgerkrieg geschüttelten Nordjemen. Auch als Berichterstatter über den anti-imperialistischen Kampf, über Bürgerkrieg und ausländische Intervention konnte man die Reize und Vorzüge des Jemens erkennen: das Land zeigte sich als geprägt von einer ganz eigenständigen arabischen Kultur, die sich erfolgreich gegen die Versuche der Fremdbestimmung gewehrt und ihre eigenen Charakteristika hatte bewahren können.

Ab 1973, d.h.nach dem Ende des Bürgerkriegs im Nordjemen (1962 – 1970) habe ich das Land 12 mal besucht – privat oder auf Dienstreise. Mit dem Kunstreiseführer Der Jemen gelangten wir, meine Frau und ich, ab 1980 automatisch in die Führungsriege der Jemenkenner. Über mehr als zwei Jahrzehnte haben wir uns die Überzeugung bewahrt, dass der Jemen etwas Besonderes ist unter den arabischen Ländern. Die Kombination von Wüsten- und Bergland, die Terrassierung der Berghänge, die Baukultur mit Steinen und Lehm und die unbefangene Vitalität seiner Menschen heben das Land hervor. Wir wollen aber auch nicht die Augen vor der Tatsache verschließen, dass ein zuerst stark anschwellender, dann jäh abfallender Tourismus Schäden hinterlassen hat. Zudem nimmt der Wasserrmangel bedrohliche Formen an. Ein ungebremstes Bevölkerungswachstum gefährdet den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Fortschritt t, der seit dem Sturz des bis dahin herrschenden theokratischen Feudalsystem im September 1962 erzielt worden ist.

Vorwort

In den letzten beiden Jahrzehnten unseres Jahrhunderts hat sich der Jemen stark verändert. Der im Trend stetig zunehmende Tourismus hat ebenso deutliche Spuren hinterlassen wie das verständliche Streben vieler Jemeniten, in einem modernen Staat mit möglichst allen Errungenschaften der neuen Zeit zu leben. Ziel unseres Buches ist es, Menschen, die erstmalig in den Jemen reisen, auf dieses besondere Land der arabischen Welt vorzubereiten, indem wir zum Verständnis des geschichtlichen und kulturellen Hintergrundes der jemenitischen Lebensart beitragen. Ein tieferes Verständnis soll möglichst auch bei denjenigen Reisenden erzielt werden, die vielleicht etwas irritiert, manchmal sogar verärgert, von ihrem »JemenAbenteuer« zurückgekehrt sind. Denn etwas Abenteuerliches steckt immer noch in den Jemen-Reisen, obwohl das Land seit rund 27 Jahren für Einzel- und Gruppenreisende geöffnet ist. Deswegen reisen wir ja erstmalig oder immer wieder in den Jemen: weil bei allem Modernismus die uralten Stammesstrukturen mindestens unter den Berg- und Wüstenjemeniten noch erhalten sind und dazu beitragen, eine archaische Urbanität zu bewahren, wie sie anderswo in der arabischen Welt kaum noch zu finden ist.
Nur das Abenteuer im Jemen nicht forciert suchen! Die zur Auflösung einer kritischen Situation erforderliche Sachkunde läßt sich nicht im Handumdrehen aneignen. Möglich erscheint es aber, die Grundkenntnisse zu erlangen, die eine Jemen-Reise ohne übermäßige Dramatik zu einem bleibenden Erlebnis machen. Auch dabei möchten wir helfen. Wir stützen uns nicht allein auf unsere eigenen Erfahrungen der letzten 25 Jahre. In all dieser Zeit sind ständig Hinweise, Ratschläge und Informationen anderer engagierter JemenReisender, Entwicklungshelferinnen und -helfer, Wissenschaftler und Diplomaten sowie jemenitischer Freunde in unseren KenntnisFundus eingegangen. Ihnen allen danken wir! Hervorheben möchten wir die Zusammenarbeit mit unseren Freunden im Vorstand und Beirat der Deutsch-Jemenitischen Gesellschaft e.V, und besonders danken wir für die Hilfe der Professoren Horst Kopp und Walter W. Müller.
Auf die neueste Jemen-Karte (1997) der Deutsch-Jemenitischen Gesellschaft haben wir uns bei der Übertragung arabischer Ortsnamen gestützt. Wir sind dieser Transkribierung im wesentlichen gefolgt, obwohl sie nicht dem arabischen Klang der Worte entspricht. Im Register am Ende des Buches finden Sie dieser Schreibweise eine lautliche Transkibierung beigesellt. Im Land kann der Einzelreisende ohne Arabischkenntnisse mit jemenitischer Hilfe seine Ziele wohl identifizieren.

Edith und Peter Wald, Köln, September 1997